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Abstract of Lars Ludwig M.A.

Trigger-happy Hollywood. Die soziokulturellen Grundlagen der Selbstjustiz im amerikanischen Film

Selbstjustiz in seinen Ausdrucksformen einer außerinstitutionellen Gerichtsbarkeit oder eines übergerichtlichen Gerechtigkeitsanspruches ist eine sehr amerikanische Denk- und Handelsart. Vor allem New-Hollywood ab den späten 1960ern zeichnete sich dafür verantwortlich, dass extralegale Gewalt im Film dieser Zeit diskutiert, analysiert und entweder stark befürwortet oder ablehnend hinterfragt wurde. Die Charaktere der Filme wie »Death Wish« (1974) oder »Taxi Driver« (1976) übten ihre eigene Vorstellung von Gerechtigkeit aus, übergingen die legale Rechtsstaatlichkeit und wandelten damit nicht nur auf den Spuren früherer Westernfilme, sondern charakterisierten oder kritisierten auch den amerikanischen Vigilantismus an sich.

In meiner Dissertation werden die gesellschaftlichen und geschichtlichen Hintergründe für eine spezifisch amerikanische Art von Selbstjustiz geklärt, die im Film Ausdruck fand und auch heute noch findet. Zentral ist dabei die Frage, weshalb speziell der amerikanische Film suggeriert, dass seine Akteure im Recht sind, Selbstjustiz zu betreiben. Eine Unterscheidung von Selbstjustiz mit Rache ist dabei entscheidend. Während sich Rache auf einen Ehrenkodex bezieht, welcher sich außerhalb des Raumes von Legalität vollzieht, ist Selbstjustiz immer dann gegeben, wenn der Raum von Legalität vorhanden ist und eine Spannung zwischen Legalität und Legitimität auftritt. Spielt die Legitimität überhaupt keine Rolle, befindet man sich hingegen nur im Bereich der reinen Rache. Aus diesem Grund wird die Dissertation vom Ansatz her davon ausgehen, dass Vergeltung ohne Justiz nicht zu dem zu erforschenden Moment zu zählen ist.

Schließlich wird meine Dissertation auch noch zu klären haben, in welcher Weise Filme es schaffen, durch eine gezielte Wertung der Handlung Selbstjustiz als gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Die Frage muss beantwortet werden, ob in Filmen Selbstjustiz nicht gerechtfertigter ausgeführt werden kann, da die Fiktion des Filmes Selbstjustiz nicht nur billigt, sondern sogar erklärt und verteidigt.

Neben der historischen Einordnung in die Umbruchphase der 1960er sowie einer soziokulturellen Untersuchung muss gleichfalls auf diverse ethische Komplexe eingegangen werden: Wo sind die Grenzen unseres Handelns, selbst wenn wir uns im Recht wähnen? Hat jemand, der im Auftrag eines höheren Rechtes zu agieren glaubt, das Recht, alles zu tun? Wie wird mit der Selbstermächtigung seitens desjenigen umgegangen, der jenseits der Legalität seinen Ansprüchen nach legitim handelt? Die Beantwortung dieser Fragen geht weit über das schlichte Anschauen von Filmen hinaus und schließt eine rechtsphilosophische Beschäftigung mit der Frage ein, wie überhaupt Recht in der amerikanischen Gesellschaftsstruktur begründet wird. In dieser Frage ist Hollywood bisher eine eindeutige Antwort schuldig geblieben. Auch heute noch feiern überraschend viele Filme den einsamen Rächer, während andere Filme extralegaler Gewalt eine klare kritische Note beimischen.

lars.ludwig@outlook.com


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